7.7.08

thüringenULTRA-Staffel 2 x 50 km

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Das Tun der Eltern dürfte prägend für das Weltbild von Kindern sein. Antjes Bild ist davon geprägt, dass Mütter regelmäßig in Laufsachen durch die Welt rennen und sie regelmäßig im Babyjogger mitdarf. Oft fährt man dann am Wochenende weiter weg und wenn Mama Steffi sich eine Startnummer umbindet, fällt die Babyjoggerfahrt aus. So ein Wochenende stand wieder an. Antjes Mami wollte mit mir die 2 x 50km Staffel beim Thüringenultra in Fröttstädt laufen.

Irgendwann zu nachtschlafender Zeit fuhr Steffi los, um pünktlich um 5:00 Uhr am Start zu sein. Da wir zu lange beim Frühstück brauchten und Steffi deutlich schneller als erwartet war, trafen wir sie nur bei km 40. Von dort ging es zum Wechsel. In Seligenthal wo ich den chipförmigen Staffelstab von ihr übernehmen sollte, stieg meine Aufregung. Wir jubelten noch einigen Bekannten zu, dann ging es schnell, ich hatte den Chip und war auf dem Weg bergan.

Ich kannte die Strecke aus dem letzten Jahr und wusste, dass auf den folgenden 5 km etwa 400 HM zu überwinden sind. Noch frisch überholte ich viele kräftesparend gehende 100 km Läufer. Kurz vor dem Gipfel erreichte ich die erste Getränkestelle. Als ich mir einen Becher gutes Mineralwasser über den Kopf schüttete, kam der klare Hinweis: Do hinnen is eh Wasserschlooch. Den nutze ich dann auch, um Kopf und Mütze anzukühlen.

Die folgenden 7 km ging es durch den schönen Splittergrund nach Tambach – ich versuchte, nicht zu schnell zu werden, der Weg war noch weit. Die Splitter plätscherte fröhlich und hielt das Tal unter den hohen Bäumen kühl.In Tambach bei km 14 scannte ich die Verpflegungsstelle genau nach eventuellen Wasserschläuchen bevor ich mir einen Becher über den Kopf groß.
Kurz vor dem Neuen Haus, wo man mich in Zeiten des Sozialismus vormilitärisch zu ertüchtigen suchte, näherte ich mich Sinchen, die auf 100 km – Kurs war. Wieder bewunderte ich ihren gar nicht ultraschlurfenden Joggingschritt. Sie klagte wenig und war noch gut drauf. Am Neuen Haus gab es an der Verpflegung auch keinen Wasserschlauch aber selbstgebackene Waffeln. „Du musst essen, Junge“, hatte meine Oma immer gesagt. Die Waffel ließ sich gut kauen – Waffeln sollte Standardnahrung an Verpflegungsstellen werden.
Wieder ging es drei Kilometer mäßig bergab, ich ließ es mit schlechtem Gewissen rollen. Kann das gut gehen auf den immer noch 30 km?
Bei der nächsten Verpflegung gab weder einen Wasserschlauch noch Waffeln. Ich hatte „nur“ die Wahl zwischen Bananen, Äpfeln, Riegeln, Brezeln und weichem Toastbrot mit fingerdicker Butter. „Du musst essen... “ Bergauf laufend verirrte sich ein Toastbrotkrümel in die Luftröhre. Als der Hustenreiz verflogen war, konnte ich einige Hunderter mit dem Hinweis trösten, dass es der letzte richtige Berg (mit 100 Hm am Stück) sei.Nach einem steilen Abstieg ging es auf die Waldpromenaden um Friedrichroda. Diese Wege sind etwas besonderes, hier bin ich aufgewachsen und mein Vater ging hier oft mir mit spazieren.
Fast verpasste ich meine Staffelpartnerin mit Familie – ich war etwa 20’ vor meinem Zeitplan aus dem letzten Jahr, wo ich 5:22 lief. Die Laufgruppe Friedrichroda, die die Verpflegungsstelle an der Marienglashöhle betreute, wusste, was Läufer wünschen. Statt einem Schlauch gab es eine Gießkanne und frische Waffeln lagen auf dem Buffett. Noch besser war es an der nächsten Verpflegung bei Tabarz, die vor einem Kneippbecken stand. Zwar lehnte ich Steffis Idee meine Füße im Becken zu kühlen ab, aber ich tauchte Shirt und Mütze ins Becken um für die letzten 15 km über Felder und Wiesen gewappnet zu sein. Zuvor ging es noch durch Tabarz, wo viele Leute vor ihren Häusern private Getränke- und Wasserstellen errichtet hatten. Artig bedankte ich mich überall, wo jemand dabei saß und sagte ihnen, wie toll ich das finde, was mit Thüringer Zurückhaltung entgegen genommen wurde.

Nun wurde es hart, inzwischen waren es 25° und die Sonne knallte auf die schattenlose Strecke. Dennoch lief ich alle Hügel hoch, die ich vor einem Jahr noch gegangen bin. Noch zweimal traf ich mein Betreuerteam, das mir immer wieder Kraft gab. Ich näherte mich auch dem Staffelläufer im orangen Höschen, der mich als einziger auf der Strecke überholt hatte. Die letzten 5 km durch das Gewerbegebiet liefen richtig gut. Im geschätzten 5er Schnitt strebte ich dem Ziel entgegen. Da mein Forerunner in Reparatur ist, hatte nur eine normale Armbanduhr um und überlegte, ob ich die 5 h schaffe. Bei km 98 nahm ich an der letzten Verpflegungsstelle (wieder ohne Schlauch) noch zwei Becher Wasser. Orangehöschen gehörte zu einer Männerstaffel, also kein echter Grund zur Eile. Unmittelbar vor dem Ziel war ich hinter einem anderen vermuteten Hunderter. Die Feuerwehr gab schon per Funk unsere Startnummern für den Zielsprecher durch. Ich beschloss, ihn nicht zu überholen und ihm seinen persönlichen Zielbeifall zu lassen. Also den Schritt kurz verzögernd, Steffi an die Seite genommen und gemeinsamer Zieleinlauf mit ihr.

Der Zieleinlaufzettel veranlasste mich zu einem „Ooh“ – 5:00:28 h. Ein weiteres Ooh gab es bei der Siegerehrung. Wir waren Dritte (von vier Mixstaffeln) geworden – 3 Sekunden hinter den Zweiten. Es war der Läufer, den ich den Vortritt ließ.
Fazit: Es war wieder eine tolle Veranstaltung, bestens organisiert auf herrlichen Wegen über knapp 1000 Hm.

(Das mittlere Bild hat Torsten aufgenommen - Danke)

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

tolle Geschichte, tolle Bilder, tolle Zeit.

Herzlichen Glückwunsch!

Waffeln als Streckenverpflegung könnten mir auch gefallen und überhaupt: der Thüringer Wald ist auch toll!

Anonym hat gesagt…

Wow, das macht doch wirklich Lust auch mal dort zu laufen, auch wenn ich ja noch nie über die 42km hinaus gekommen bin. Aber die Verpflegung hat wirklich was !
Tolle Leistung von Dir !

Anonym hat gesagt…

Herzlichen Glückwunsch, lieber Jörg!
Ich finde es absolut klasse von Dir, daß Du den 100km Läufer nicht mehr überholt hast - das ist für mich wahrer Sportsgeist. Du bis für mich ein Sieger, auch wenn Du die 5 Stunden Marke und ihr beide den 2. Platz knapp verpasst hast/habt.
Viele Grüße und mach(t) weiter so!
Petra

Jörg hat gesagt…

Naja der gedachter Hunderter war ja derFünfziger aus der Mixstaffel, die zweiter wurde. grrh

Kathrin hat gesagt…

Das habt Ihr großartig gemacht Jörg! Und ihr schaut toll aus, auf dem Treppchen!!!

HO hat gesagt…

Hallo Jörg,

mit viel Spaß auf das Podest gerannt, so macht man das. Glückwunsch. Du kommst ja für den Röntgenlauf zunehmend in Schwung.

Beste Grüße
Hendrik