10.5.15

Rennsteigmarathon oder das weiße Shirt

Ich will so ein weißes Shirt mit grünen Ärmeln. Alle, also fast alle meine Lauffreunde um mich herum im Festzelt von Schmiedefeld haben so ein weißes Shirt. Ich hätte mir eine grünes kaufen können mit weißen Ärmeln, aber das ist etwas anderes. Doch von vorn.


Ein Tritt auf eine herausragende Wurzel vor zwei Wochen hat mir klargemacht, dass mein Fuß noch nicht im Normalzustand ist und ich dankbar sein muß, einen Marathon laufen zu können. Auch bin ich, als der Wecker um 6 Uhr klingelt, eigentlich froh, dass ich jetzt nicht schon in Eisenach auf dem Marktplatz beim Start des Supermarathons stehe.

Beim Frühstück, auf der Fahrt nach Schmiedefeld kommt immer wieder der Gedanke, wo ich jetzt wäre, wenn ich doch in Eisenach gestanden hätte. In Neuhaus am Start sind die Gedanken verschwunden. Die Sonne scheint und die Stimmung mit Rennsteiglied und Schneewalzer ist hier besser als sie in Eisenach am Sonnabend zu nachtschlafener Zeit auf dem Marktplatz sein kann.

Alte Bekannte - Nach dem Rennsteigmarathon 2006
Ich laufe mit Steffi nach dem Start zügig die ersten Kilometer auf der Straße. Wir kennen uns seit etwa 10 Jahren, laufen im gleichen Bereich, der für eine Frau gut und für einen Mann so naja ist, und haben schon manchen Lauf gemeinsam absolviert.
Unserer Taktik ist klar: Zügig loslaufen und sehen, was passiert. Realistische Zielzeit ist 4:10 bis 4:15. Näher an die Stundenmarke ranzukommen wäre toll, doch auf jeden Fall soll die Bestzeit von 4:19 aus dem Jahr 2006 fallen.

Die Strecke ist immer noch vertraut, wenn auch manche Berge inzwischen gewachsen sind. Weniger als sonst nehme ich die Stimmung auf und merke an meinem Atem, dass wir flott unterwegs sind. Nach 1:42 sind wir an der Rennsteigwarte bei Masserberg und haben 18,8 km geschafft. Eigentlich hätte ich jetzt an der Ebertswiese sein können. Der berüchtigte Hohlweg nach dem Halbmarathon ist frei und wir können noch laufen. Später wird er verstopft sein und Zeit kosten. Steffi bemerkt, dass ich nicht direkt grazil über die Wurzeln springe. Das ist es, was ein Physiotherapeut als unbewußte Schonhaltung beschrieb.

An der Straße nach Kahlert fange ich an zu schwächeln. Steffi ist nun immer etwas vor mir und ich werde öfter überholt. Hinter Kahlert gebe ich ihr den Laufpass, denn ich muß Tempo rausnehmen und gehe ein Stück am Berg. In Neustadt vertrödele ich Zeit, um die Reste eines Gels von meinen Händen zu waschen. Jetzt wäre ich kurz vor dem Sperrhügel.

Das Gel hat Kraft gegeben, ruhig weiter zu laufen. Die Kilometerschilder kommen immer noch relativ flott vorbei. An manchen Anstiegen gehe ich einige Schritte und rechne, wann ich im Ziel sein werde. Ich treffe Bekannte, doch es funktioniert nicht mehr, gemeinsam zu laufen. Ein Schluck Bier in Frauenwald ist Pflicht, noch 5,5 km weitgehend bergab -  denkste. Irgendwie geht es dazwischen immer wieder hoch. Es sind keine Anstiege, die man nicht mehr laufen könnte, aber sie machen jetzt mürbe.

Es hat zu regnen begonnen, was eigentlich angenehm ist. Als der Regen kurz vor Schmiedefeld in schmerzhafte Hagelkörner übergeht, wird es unangenehm. Bevor ich die Überlegungen beende, ob ich mich besser unterstelle. ist der Spuk vorbei. Der berüchtigte Berg zum Sportplatz kommt, doch mehr noch hasse ich die Spotplatzunde mit dem kleinen Hügel. Da ist das Ziel, ich jubele fast wie beim Supermarathon, auch wenn ich mit 4:16 knapp an meiner erhofften Zeit vorbei geschrammt bin.


Nach dem Duschen, dem Kaffee trinken und Kuchen essen, stehe ich am Zielkanal um Freunde und Bekannte beim Einlauf auf der Supermarathonstrecke zu beobachten. Ich freue mich an ihrer Freude und werde melancholisch.
Im Festzelt feiern wir zusammen. Sie feiern noch etwas mehr als ich und ich beneide sie um das weiße Shirt mit den grünen Ärmeln, das nur die bekamen, die von Eisenach nach Schmiedefeld gelaufen sind. Also dann 2016 wieder:

" Wer in der Welt was auf sich hält, der läuft von Eisenach nach Schmiedefeld” 

Manche trugen nicht mal das Heldenshirt
 

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

So ein weißes Shirt mit grünen Ärmeln hätte mir gefallen - sehr schick! Schade, dass auch du es dir nicht holen konntest. Aber Hauptsache du bist halbwegs gut und vor allem gesund durchgekommen - herzlichen Glückwunsch zum Finish und gute Erholung!

Anne

Anett hat gesagt…

Ich finde es toll, dass die Vernunft gesiegt hat und ganz herzlichen Glückwunsch zur Marathon-Bestzeit. Und 2016 stehen wir dann gemeinsam an der Startlinie in Eisenach :-).
Erhole dich gut.
LG Anett

P.S. Ich kann nicht sagen, dass ich im Festzelt weniger gefeiert hätte als die Supermarathonis. Jeder, der ein Stück Rennsteig bezwingt ist ein Held!

Frau Mohr hat gesagt…

Shirts sind doch Schall und Rauch ;) Nächstes Jahr dann wieder!

lizzy hat gesagt…

Jetzt hast du wenigstens auch die gegenüberliegende Seite von Schmiedefeld erlaufen und kennengelernt. Immer nur dieselbe Strecke muss doch auch nicht sein ... Und wie Frau Mohr bereits schrieb: nächstes Jahr wieder.

Dass ich die Zeit für diese Strecke irre schnell finde, muss ich eh nicht dazusagen. Ist so.

Lauf Markus hat gesagt…

Die grünen Ärmel haben tatsächlich was. Aber du hast immerhin überhaupt ein Shirt bekommen. Glückwunsch dazu!

Renn-Schnecke hat gesagt…

Das erste Bild ist aber nicht von 2006 - um die Zeit habe ich mein Kind in die Welt gesetzt (und nicht etwa beim Rennsteiglauf unterwegs verloren ;-)). Das war 2007, als Conni "Lachmöwe", links im Bild, den SM in 7:01 h gelaufen ist. Und Du brauchtest damals für den Bambinilauf 4:24.

Kerstin_unterwegs hat gesagt…

Nächstes Jahr will ich auch wieder dabei sein :-) Bis dahin bin ich dann hoffentlich auch wieder fit

Minka hat gesagt…

Glückwunsch zum Marathon-Finish. Jeder beim Rennsteiglauf ist ein Gewinner!
Ich bin stolzer Träger des schicken T-Shirts mit den grünen Ärmeln.Hab unterwegs oft an Euch Marathonis gedacht, so etwa um Neun (jetzt gehts auch in Neuhaus los), und so gegen 14.00 Uhr (jetzt trinken die meisten schon ihr Läuferbier in Schmiedefeld).Ich mache es nächstes Jahr genau umgedreht, da lauf ich den Marathon.
Viellicht sieht man sich trotzdem im Ziel?