Allerdings kannte ich doch etwa die Hälfte der Teilnehmer, die sich am Montagmorgen in Hörschel am Rennsteigbeginn versammelten. Fast alle waren Wiederholungstäter. Der Ehrenferienlagerleiter Uli erläuterte noch mal kurz das Wichtigste für den heutigen Lauf. Nur das gemeinsame Absingen des Rennsteigliedes musste noch geübt werden.
Tag 1: Hörschel - Kleiner Inselsberg
In der schnellen Gruppe durfte ich eine halbe Stunde später starten. Aber die Mitläufer liefen so schnell los, dass ich Zweifel an der Eingruppierung bekam.
Kurz vor dem Start an der Werra in Hörschel |
An der Wilden Sau |
Wenn es lange bergab geht und kein weißes R mehr auftaucht, ist man falsch. Nach einem Kilometer fiel uns der Ratschlag ein und wir drehten um, den Kammweg wieder zu finden.
An der Hohen Sonne bei Eisenach hatten unsere Ferienlagerhelfer im Pensionsalter die nächste Verpflegungstelle aufgebaut. Von da kannten wir die Strecke vom Supermarathon. An der folgenden Futterstelle verabschiedete ich mich von den beiden, die mir zu langsam wurden.
Die Wegweiser zum Inselsberg zeigten abnehmende Kilometer an und ich überholte noch einige der ersten Gruppe, quälte mich die steilen Anstiege zum Gipfel hoch und den steilen Asphaltweg danach wieder runter.Nach 4:56 war ich an der Grenzwiese. Meine Uhr zeigte 36,5 km, 1138 Höhenmeter und 20 Minuten Pausen an. Bei der Eierlikörtorte auf dem Großen Inselsberg am Nachmittag war dann alles wieder gut.
Tag 2: Kleiner Inselsberg - Oberhof
Sandra hatte sich beklagt, dass sie am ersten Tag allein gelaufen war. Da sie am ersten Tag nur wenig schneller als ich war, jedenfalls wenn man den Umweg abzieht, wollte ich versuchen sie zu begleiten.
14 Grad und Nebel - Traumhaftes Laufwetter |
Tag 3: Oberhof - Neustadt
Das Sporthotel hat den Ruf des Thüringer Tourismus gerettet. Hier wurde an der Rezeption und im Restaurant sogar gelächelt! Wie vor zwei Jahren waren die Beine noch erstaunlich frisch. Auch die 16 Grad und der bedeckte Himmel ließen optimale Laufbedingungen erwarten. Wieder versuchte ich mit Sandra zu laufen und konnte sogar an ihr bleiben. Vom Beerberg zum Bahnhof Rennsteig lief ich voran und flog förmlich.
Jörg und Jörg am höchsten Punkt des Laufes |
Die Hälfte ist geschafft |
Tag 4 Neustadt - Spechtsbrunn
Beim letzten Mal war dies die schwerste Etappe für mich - nach drei Tagen waren nun fast 40 Kilometer zu bewältigen. Wieder lief ich mit Sandra los, die beim Laufen erstaunlich ruhig ist, wenn man sie sonst so kennt. Es ging eigentlich ganz gut, doch nach 20 Kilometer wurde es zäher. Außerdem mussten wir immer noch auch das Fernsehteam achten, die uns plötzlich irgendwo filmten - man will doch gut aussehen.
Auch Höhepunkte sind relativ |
Nur noch dort hinunter und dann sind 130 km geschafft! |
Tag 5 Spechtsbrunn - Blankenstein
Diesmal wollte ich mich von Sandra fern halten, hatte meine zutiefst wissenschaftlich - intuitive Laufanalyse ihr die Schuld an meinem Leiden gegeben. Mich immer wieder ranzukämpfen, nachdem sie mir bergan sowas von locker davon läuft, macht mich kaputt - nicht nur mental, auch körperlich.
Nach 4 Kilometern blödelte Sandra noch |
Die letzten 20 Kilometer des Rennsteiges sind vor allem dadurch schön, dass es bald zu Ende geht. Elend lange kerzengerade Waldautobahnen werden abgelöst durch Wiesenpfade neben Straßen, wo es keinen Schatten mehr gibt. Bei 28 Grad und wolkenlosen Himmel liebt man solche Strecken! Aber die Kilometer wurden doch weniger und irgendwie ging es ab und zu bergab. Wieder einmal erreichte ich Sandra, die mir nun etwas unwirsch deutete, ich solle sie überholen. Nach 165 Kilometern in fünf Tagen war sowieso nicht mehr an eine Anpassung der Laufgeschwindigkeit zu denken - es lief wie die Füße halt so liefen.
Geschafft! |
Falls jemand jetzt den Kram wirklich liest, lasst euch begeistern und versucht es. Natürlich ist es anstrengend, aber dadurch, dass man immer wieder in den Wanderschritt fallen kann, ist es machbar. Was bleibt ist der Stolz, Natureindrücke und ein unvergleichliches Gemeinschaftsgefühl bei allen Teilnehmern und Betreuern. Das Rennsteiglied haben wir zum Abschied mit Inbrunst gesungen. Kein Vergleich zum Brummeln am Start.
5 Kommentare:
Natürlich habe ich den Kram wirklich gelesen und mich auch begeistern lassen ... zum lesen, staunen, toll finden. Aber garantiert nie dazu, es selber zu versuchen 165km in 5 Tagen mit so vielen Höhenmetern ... das wäre für mich (leider) der totale Größenwahn. Bewunderung und ein bisschen seufziger Neid (ohne Missgunst!) ist dir und allen anderen, die sowas mitmachen und erleben dürfen, gewiss. Und Dank für den Bericht und das Erzählen/Teilhaben-lassen ebenfalls.
Mögen Stolz und Nachgenuss noch lange anhalten!
P. S. meinen „Dank“ für das Absagen des Saarlandtreffens habe ich als Antwort bei mir im Blog formuliert. Das kam mir wirklich mehr als recht.
Danke für den ausführlichen Bericht. Dein Tempo entspricht ungefähr meinem Rennsteig-.M-Tempo. Aber eben 5 Tage am stück. Das ist mir noch eine Nummer zu groß. Aber 2020 wartet dann der SM auf mich und wer weiß - vielleicht folge ich dann ja 2025, also kurz vor meinem 50., dem Ruf der Midlife-Crisis und mache mal 5 Tage Speedwandern ;-)
Liebe Grüße aus Leipzig!
Markus
Herrlich. Habe so geschmunzelt, kenne ich doch die lieben Betreuer und viele der Wiederholungstäter aus eigener Erfahrung. Beide Richtungen haben ihr eigenes Etwas, aber in Blankenstein anzukommen, war doch ganz besonders: da hat Läufer zwei fast 40er Etappen zum Schluß, wobei das Beste ja immer zum Schluß kommt: ein Sektchen oder ein Köstritzer im Tiel. Freue mich schon auf den Mai. Da geht es wieder los ab Eisenach. Da ist die Tagesetappe etwas länger, dafür ist eher Schluß. Am Rennsteig ist jeder Lauf einfach schön! Danke für den tollen Bericht!
Lieber Jörg,
auch ich habe es gerne gelesen!
Toll durchgehalten!
Ich kenne diese Strecke nur vom Wandern, deshalb hat mich dein Rennbericht doppelt interessiert. Selbst daran teilnehmen kann ich wohl erst als Rentner, da ich in der Regel als Lehrer keine Ferien habe.
2005 haben meine Frau und ich diesen Weg unter die Wanderschuhe genommen. Es war sehr schön! Seitdem reizt es mich den Rennsteig mal im Etappenlauf zu "besiegen"!
Danke! - Hoffentlich haste dich inzwischen gut erholt!
LG Manfred
Lieber Jörg,
mein letzter Kommentar ist wohl ins Nirgendwo entfleucht! Leider weiß ich nicht mehr, was ich geschrieben hatte. :-(
Aber interessant muss es sein, mal den ganzen Rennsteig zu laufen, den wir (meine Frau und ich) vor Jahren mal abgewandert sind. Wir hatten damals 5,5 Tage gebraucht, waren aber langsamer unterwegs.
Vielleicht kann ich es als Rentner mal machen, da es momentan immer in der Schulzeit (Hessen) liegt!
LG Manfred
Kommentar veröffentlichen