...heißt Schmiedefeld. Dies ist einer der Slogans des Rennsteiglaufes. Als ich am Kilometerschild 72 vorbeilief, wurde mir schlagartig klar, dass dies der passendste Titel für den Laufbericht war. Davorn hatte etliche Kilometer hinter mir, die mich daran erinnerten, wie hart Langstreckenlauf sein kann.
Nach den entspannten 100 km von Biel, war ich vor meinem dritten langen Kanten über den Rennsteig erstaunlich unaufgeregt. Selbst die festen Waden in der letzten Woche beunruhigten mich nur wenig. Wieder waren Wolfgang und Gudrun aus Wien gekommen, wir nahmen mein Blogzwilling Kerstin mit nach Eisenach und trafen dort am Vorabend viele Lauffreunde.
Am nächten Morgen kurz vor 6 Uhr auf dem Markt von Eisenach war es mild und ließ bestes Laufwetter erwarten. Zu den Klängen des Rennsteigliedes, das uns den Tag über begleiten würde, liefen wir durch das Starttor. Nach meinen von Krämpfen geplanten ersten Supermarathon vor zwei Jahren und dem bewusst vorsichtigen im vergangenen Jahr, wollten wir uns dieses Jahr nicht ganz so zurückhalten. Aber was heißt das schon bei 72,7 bergigen Kilometern. Michaels Vorschlag, gemeinsam eine Zeit unter 8 h anzupeilen, hatte ich als unrealistish für mich abgelehnt.
Die ersten 25 km bis zum Inselsberg liefen sich unspektakulär. Nach 2:46 h waren wir oben, hatten 800 Höhenmeter überwunden und fühlten uns noch gut. Nach dem steilen Abstieg kommt dann die Strecke, die am angenehmsten zu laufen ist, denn bis zur Ebertswiese geht es meist nur leicht wellig auf und ab. Wir schwatzten ein mit anderen Läufern und hatten dieses unbeschreibliche Rennsteiggefühl.
Es war wohl nur eine leichte Unachtsamkeit. Plötzlich lag ich in voller Länge auf dem Weg. Doch der Schreck war schlimmer als die leichten Abschürfungen. Nach ein paar Wanderschritten konnte ich gut weiterlaufen.
Irgendwann nach der Marathonmarke stellte Wolfgang fest, dass es ihm inzwischen schwer fällt. Ich ging in mich. Vor zwei Jahren, als wir zusammen liefen, fiel es mir an dieser Stelle schwerer, letztes Jahr noch etwas leichter, aber da waren wir auch etwas mehr an den Bergen gegangen. Nach dem Sperrhügel wurde es dann auch für mich etwas schleppend. Ein bisschen kannte ich es - noch sind es fast 30 km und die Kilometer ziehen sich wie Gummi bis Oberhof. Doch es waren fast immer die gleichen Läufer um uns, wir wurden also nicht langsamer. Im Vergleich zu 2009 waren wir in Oberhof sogar 3 Minuten eher, nachdem wir bis zur Marathonmarke auf die Minute die gleichen Zwischenzeiten hatten.
Nachdem wir am Grenzadler und an der Ausspanne schon meinen Vater getroffen hatten, warteten am Rondell unsere Frauen. Es ist immer ein richtigen Motivationsschub, wenn man seine Fans trifft. (Entsprechend niederschmetternd ist es, wenn Verabredungen einmal nicht aufgehen.) Hier am Rondell hatten mich vor zwei Jahren schlimmste Krämpfe zu einer langen Wanderung gezwungen. Zwar zuckte es auch jetzt gelegentlich in meinen Waden, aber ich hatte das Gefühl, die Kompressionsstrümpfe, die mir Jens geschenkt hatte, halfen. Hatte ich vor Oberhof eine Schwächephase, schwächelte nun Wolfgang etwas.
Die paar Regentropfen taten gut, das Gewitter erwischte nur die schnellern Läufer - das haben sie davon. Hinter dem Beerberg zwangen mich krampfartige Zuckungen im Oberschenkel zu einem Stück Wanderung. Vorsichtig anlaufen - ja es ging. Obwohl es jetzt immer bergab geht, fiel es mir einfach nur schwer. Die Knie begannen zu schmerzen, Oberschenkel und Waden zuckten - so ist es, wenn der Körper nicht mehr will. Immer mal wieder ein paar Gehschritte, um ihn zu besänftigen. Jetzt überholten uns auch Läufer, die wir vorher nicht in unserer Nähe gesehen haben - wir fielen zurück.
Kurz vor dem letzten Anstieg zum Bierfleck krampfte der Oberschenkel dann richtig. Mist, unter 8:30 ins Ziel zu kommen, wäre schön gewesen. Andererseits Erleichterung, dass es erst hier passiert. Ich überzeugte Wolfgang weiter zu laufen. Er hätte mir sowieso nicht helfen können. Dann begannen die vorsichtigen Versuche: Langsam anlaufen, gerade auftreten aber bloß nicht von anderern Läufern mitziehen lassen. Irgendwie war es eine rechte Quälerei, jedenfalls bis zu Kilometer 72. Dann waren es nur noch wenige Meter bis zum schönsten Ziel der Welt, wo die Uhr nach 8:35 für mich stehen blieb. Wie Wolfgang den Lauf elebte hat er hier beschrieben.
Bei der Party sang ich dann mit allen lauthals nicht nur das Rennsteiglied sondern auch den wichtigsten Vers der Rennsteiglaufhymne: "Hei, hei, hei, ho, im nächsten Jahr ,sind wir alle wieder da."
11 Kommentare:
Vielen Dank für deinen Bericht und das nette Bild von der Party ;-)
Erhol dich gut.
Hatten wir das Bilderrätsel aus deinem Alteburgerlaufbericht eigentlich aufgelöst? :o)
Viele liebe Grüße
Tati
Naja mich hat's nicht erwischt, war gerade im Ziel beim Getränkestand unterm Dach ;-) ! Also ist schnell mal wieder relativ - oder vielleicht war ich ja schneller als schnell ? ;-) Erhol Dich gut,
Gruß
Frank
MannMannMann, was seht ihr locker aus auf den Bildern! richtig coole Typen ;)
und dass ihr euch immer wieder auf die Strecke wagt (wenn nicht sogar drängelt) obwohl ihr ja wisst, was für eine harte Geschichte das ist, das bestätigt das ja nur *s*
Wahnsinnszeit auch noch! Herzlichen Glückwunsch!
und schönen Urlaub wünsch' ich dir dann samt Erholung und allem.
jaja mich aht der Virus auch erwischt. Auch wenn ich am Samstag noch erzählt habe, dass ich noch nicht weiß usw ... aber "Hei, hei, hei, ho, im nächsten Jahr, sind wir alle wieder da." :-D ist ja bei euch fast wie unsere fränkische Schweiz, nur eure Berge sind höher
Ach ja, ganz ohne Schmerzen geht es nicht, wie auch immer, du hast das geliebte Ziel erreicht und dich beim Feiern ausgetobt.
Glückwunsch, Jörg !
Hallo Jörg!
Meinen Glückwunsch zu diesem Rennen und der Wahnsinns-Zeit! Übrigens hatten nicht nur die schnellen Leute was vom Unwetter :-) Mich hat die Stunde Regen vor Oberhof erwischt und erst mal richtig wach gemacht. Das hatte auch sein Gutes. Angenehme Entspannung wünscht der Holger
Herzlichen Glückwunsch zum Rennsteig-Finish :-) ! Dein Bericht liest sich so locker und begeistert, daß man Lust bekommt, da auch mal mizulaufen.
Tolle Bilder!
lG
Ralph
Herzlichen Glückwunsch, lieber Jörg! du hast dich wieder einmal tapfer durchgebissen und letztendlich doch eine tolle Zeit erreicht. Erhol dich gut - wir sehn uns bald wieder auf`m Rennsteig!
Viele Gtüße
Petra
Immer wieder hab ich mich gefragt was Läufer bewegt auf diese lange Strecke zu gehen. Jetzt weiß ich´s.Es ist einfach unbeschreiblich.Ich bin infiziert!
Herzliche Glückwünsche Jörg!
Wünsche dir gute Erholung.
LG Katrin
Schönen Dank für die Glückwünsche. Alle die noch nicht da waren, sollten unbedingt mal hin. Allerdings macht es süchtig.
Tati hat auch fast recht. Das Bild vom Alteburglauf ist in der Nähe der Reinsburg. Hättest in Schmiedefeld schon das Bier bekommen, wenn ich dran gedacht hätte.
Herzlichen Glückwunsch, Jörg. Für´s Durchbeißen nach Sturz und Krämpfen und natürlich zur tollen Zeit. Und nächstes Jahr bin ich auch wieder dabei. Hei, hei, hei, ho...
Kommentar veröffentlichen