Motivation
Nach dem Supermarathon auf dem Rennsteig fühlte ich mich etwas laufmüde und hatte keine rechte Lust mehr auf lange Läufe. Der Thüringenultra in der Gegend meiner Kindheit ist irgendwie eine Pflichtveranstaltung, aber wenn mich jemand für eine 4x25 km Staffel geworben hätte, wäre ich wohl weich geworden. Es fragte aber keiner.
Training
Bedingt durch die etwas mangelhafte Motivation lief ich in den 8 Wochen nach dem Rennsteiglauf nicht viele lange Läufe. Außer einem Marathon sechs Wochen vor dem Thüringenultra und einem 30er beschränkte ich mich auf Läufe bis 25 km. Mit schlechtem Gewissen betrachtete ich die intensive Vorbereitungen von Udo, Michael und anderen. Allerdings waren es letztendlich bei mir nicht weniger Kilometer als im Vorjahr, die ich in der Vorbereitung lief.
Persönliche Ziele
In Würde anzukommen, ist für mich immer das Hauptziel bei einem Ultra. Nach den 12:11 h im Vorjahr bei optimalen Bedingungen, angesagten 25 Grad und der mauen Vorbereitung machte ich mir keine Bestzeithoffnungen und rechnete mit einer Zeit um 12:45 h.
Streckenbetreuung
Ich freute mich, Angela als Radbegleiterin gewonnen zu haben. Wenn es einem gut geht, braucht man eigentlich keinen Radbegleiter, doch in Krisen sind sie Gold wert. Waren die kleinen Handreichungen von Angela schon hilfreich, so hatte alleine ihre Anwesenheit einen gewaltigen moralischen Effekt. Auch dass ich meine Familie ab km 76 an den Verpflegungsstellen traf, war immer wieder Motivation, auch wenn ich es in den Momenten kaum zeigen konnte.
Eine gute Laufeinteilung
Man kann sich den Lauf nach den Bergen mit 2300 Hm oder einfach nach den vier Abschnitten der 4x25 km Staffel einteilen.
1. Zur Glasbachwiese (811 m hoch, 445 m runter)
So einen richtigen Plan hatte ich beim Start früh um 4 Uhr nicht und trottete erst mal einen Kilometer mit Inga und Marcus. Doch die konnten mein Gequatsche wohl bald nicht mehr ertragen und schickten mich weg. Normalerweise laufe ich am Anfang eher langsam. Das sichert zwar keine guten Zeiten, aber meist ein würdiges Ankommen. Diesmal lief ich im Wohlfühltempo und nicht besonders langsam los. Im Schnitt von 6:28 min/km hatte ich den ersten Abschnitt bewältigt, was 25 Sekunden pro Kilometer schneller als vor einem Jahr war. An der Wechselstelle fotografierte mich Petra mit Ines Melzer, die in 11:02 die Frauenkonkurrenz gewinnen sollte
2. Nach Floh-Seligenthal (500 m hoch, 773 m runter)
Ich wurde nun etwas langsamer und öfter überholt. An der Grenzwiese bei km 38 stieß meine Radbegleiterin Angela zu mir. Das war gerade rechtzeitig, denn ich hatte mein erstes leichtes Tief, aber das ist immer so nach dieser Strecke. Mit Angelas Hilfe und dank der wunderschönen Bergabpassage auf dem Mommelsteinradweg, der auf einer alten Bahnstrecke entlang führt, ging es mir wieder gut. Ich war auf diesem Abschnitt mit 6:39 min/km unterwegs (Vorjahr 6:53).
3. Nach Finsterbergen (606 m hoch, 493 m runter)
Angela hatte Bammel vor dem langen Anstieg zur Ebertswiese. Mir kam er gar nicht unglegen, denn die langen Wanderpassagen empfinde ich eher als Regeneration. Den schönsten Teil der Strecke durch den Spittergrund nach Tambach ließ ich es laufen, wenn ich den Abschnitt auch nicht ganz so wie im Vorjahr genießen konnte. Ansonsten war der Abschnitt eher unspektakulär. Die 7:53 min/km entsprachen etwa dem Vorjahr, zeigen aber, dass ich müde wurde. Öfter nutzte ich nun Angelas Handreichungen, war aber ansonsten eher schweigsam. Inzwischen wurde es warm und ich nahm an jeder der gut bestückten Verpflegungsstellen drei Becher mit Wasser, alkoholfreiem Bier, Iso oder Cola. Nur feste Nahrung wollte ich nicht mehr.
4. Nach Fröttstädt (306 m hoch, 531 m runter)
Einige hundert Meter gab es nun dichten Schlamm, denn der Forst hatte im Regen der Vortage die Wege zerfahren. Die Strecke führte durch Friedrichroda, wo ich aufwuchs. Das motiviert. Ich rechnete, dass die 12 Stunden sicher möglich sein müßten. Leichter Regen machte die Temperaturen angenehmer.
Durchhaltevermögen
Plötzlich in Tabarz kam ein tiefer Einbruch. Die Oberschenkel gaben massive Krampfzeichen. Nachdem ich bisher versuchte, kleinere Steigungen noch zu laufen, musste ich nun auf ebener Strecke Gehpausen machen. Ich war enttäuscht, dass die 12 h dahin gingen. Mit hinreichender Lauferfahrung wusste ich aber, dass ich das Ziel erreiche. Dann wurde es wieder besser, ich begann etwas zügiger zu laufen, schöpfte Hoffnung, doch da kam der Krampf. Dehnen, Angela massierte meinen Oberschenkel, vorsichtig anlaufen. Es ging, so lange ich bewußt langsam lief.
An der stimmungsvollen Verpflegungsstelle bei km 95 wurde ich mit Namen begrüßt. "Es ist jetzt 15.30 Uhr, wahrscheinlich wird er seine Vorjahreszeit von 12:11 h etwa erreichen." Ich will aber 12 Stunden!
Ohne Garmin, der schon bei km 40 abschaltete, blieb alles unsicher. Ist die Verpflegungsstelle wirklich genau bei 95 km? Ist es vielleicht schon 14:33 Uhr - so viele Zweifel. Weiterlaufen, ohne die Krampfschwelle zu überschreiten.
Das Schild mit km 97 kam um 15:41 Uhr nach Angelas Uhr. An der letzten Verpflegungsstelle bei km 98 war es 15:45 Uhr. Ein handgemaltes Schild mit km 99 um 15:51 Uhr, ob das richtig steht? War der Start wirklich pünktlich? Ich höre das Ziel, da ist die Feuerwehr, die Brücke, der Zielkanal - geschafft! Der bange Blick auf den Sofortausdruck von Sportident - 11:57:21 h.
Zielkuchen
Ein Laufteilnahme in Fröttstädt lohnt sich schon wegen dem von den Frauen im Dorf selbstgebackenen Kuchen. Dazu muß man aber schnell sein, denn der ist gefragt. Mit Hilfe meines Betreuerteams hatte ich reichliche Auswahl.
Ist das schön im Ziel zu sein!
Weiter Bilder von anderen Läufern gibt es hier.
10 Kommentare:
Herzlichen Glückwunsch zum Finish mit Bestzeit!!!
Lieber Jörg,
herzlichen Glückwunsch zu deinem tollen Lauf! Es ist beeindruckend mit welcher Konstanz du solch einen Lauf bewältigst. Ja, der TU macht wirklich süchtig. Ich will da nächstes Jahr auch wieder hin...
Aber leider muß ich dir Angela im nächsten Jahr wieder abspenstig machen.... ;)
Viele liebe Grüße
Petra
Glückwunsch zum Finish und zur Bestzeit. Irgendwann muss ich ihn doch mal mitmachen ;-) Wünsch dir gute Erholung LG Kerstin
hi, ich habe auch mit Joggen angefangen, aber von 100km bin ich weit entfernt:)
Gut gemacht, Jörg, auf den Punkt - und wenn man so eine sportliche Begleitung hat, da kann eigentlich gar nichts schief gehenl
Hi Jörg,
wir hätte dich und dein „Gequatsche“ sehr gern noch viel länger ertragen, aber du bist einfach zu schnell für uns.
Wir wollte ja unbedingt lachend ins Ziel laufen (hat ja auch geklappt) und deshalb mussten wir dich schweren Herzens ziehen lassen.
Auf jeden Fall Glückwunsch zur neuen Bestzeit.
Viele Grüße Markus
Hi Jörg,
wir hätte dich und dein „Gequatsche“ sehr gern noch viel länger ertragen, aber du bist einfach zu schnell für uns.
Wir wollte ja unbedingt lachend ins Ziel laufen (hat ja auch geklappt) und deshalb mussten wir dich schweren Herzens ziehen lassen.
Auf jeden Fall Glückwunsch zur neuen Bestzeit.
Viele Grüße Markus
Ich habe schon ganz ungeduldig auf deinen Bericht gewartet! Herzlichen Glückwunsch zunächst zum erfolgreichen finish!
Irgendwann muss ich auch nochmal nach Fröttstädt! Eigentlich wollte ich die 2x50er Staffel 2mal in jedem Abschnitt versuchen und mir vielleicht zum 50. ? Gut, das wird eh nichts, allein rein rechnerisch! ;-)
Ich altere halt viel zu schnell... Aber vielleicht zum 100. Geburtstag! :-)
Jedenfalls klingt das alles sehr verlockend, vor allem der Kuchen danach! Damit kennen wir uns ja bereits aus!
Lieber Gruß, Elke
Schönen Dank
Alle die den TU nicht kennen, haben was verpaßt
Warum lese ich jetzt erst von deiner Gigantischen Leistung!? Klasse Jörg. Sei stolz auf dein erbrachtes. Dieses Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Da hat wohl alles gepasst. Bin wirklich beeindruckt!!!
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