Es ist vielleicht der schönste Landschaftslauf, den ich kenne. Joschka hat ihn zu seinen Läuferzeiten auch gemacht und ihn in seinem Buch für härter als einen Marathon befunden.
„300 Meter Steilhang – nicht überholen“, so rief der der ältere Herr mir
und den anderen Läufern zu. Nein, wir waren nicht irgendwo in den Alpen
sondern im Thüringer Vorland. Bei Jena schneidet sich die Saale tief in
den Muschelkalk ein. Erklimmt man diese Muschelkalkhänge, erreicht man
ein Plateau, das sich ganz passend Horizontale nennt.
Doch erst mal fuhr ich am Morgen in das Saaletal hinein und sah vor
lauter Nebel einfach nichts, obwohl die ganze Anfahrt im strahlenden
Sonnenschein erfolgte und auf einen Lauf bei bestem Wetter hoffen ließ.
Der Sprecher beruhigte, dass der Nebel sich hier immer um 11.00 Uhr zum
Start lichtet und so geschah es dann auch. Schon nach drei Kilometern
und nur wenigen Höhenmetern sahen die Läufer die Sonne. Ich lief locker
drauf los und wollte vor allem einen schönen Landschaftslauf als
Saisonabschluss genießen – wenn auch die 2:30 für die 27 km durch meinen
Kopf spukten. Beim Brockenlauf hatte ich für die gleiche Streckenlänge
und 890 Höhenmeter 2:33 gebraucht – in Jena sind es summiert nur etwa
500 Höhenmeter.
Nach 5 km war die erste Verpflegungsstelle und die Hälfte der Höhenmeter
geschafft. Mit 29 Minuten lag ich gut in der Zeit – es sollte ja nur
ein lockerer Lauf werden. Nach der Verpflegungsstelle war die
Laufstrecke für mehrere Kilometer nur ein schmaler Pfad. Man lief in
einem Schnitt von 6 min. Eigentlich wäre ich gern etwas schneller
gewesen, was aber nur durch ewige Drängelei zu erreichen wäre – also
ließ ich es. Entschädigt wurde ich durch herrliche Blicke in das
Saaletal und auf die gegenüberliegenden Hänge, wo die Buchen im
Sonnelicht ihre schönsten Herbstfarben zeigten. Hier kam auch der
Steilhang und die Warnung war berechtigt, denn mit einem falschen Tritt
wäre man wohl unweigerlich ins Rutschen geraten und hätte sich weit
unten wieder gefunden. Allerdings war die Gefahr der Fehltritte durch
das Genießen der Aussicht größer als durch unmotiviertes Überholen. Dann
steil bergab und wieder bergauf, damit waren alle Höhenmeter nach oben
geschafft. Ab Kilometer 17 ging es nur noch ca. 250 Höhenmeter sanft
bergab. Der Hinweis an meinen Mitläufer, dass wir die letzten 10 km in
50 Minuten laufen müssten, war eher ein Joke, entspricht dies doch etwa
unserer Bestzeit über diese Strecke - pur.
Doch dann kam es - das Runners-High, der Endorphinstoß oder wie man es
auch immer nennen will. Die Beine liefen von selbst, wir überholten
einen nach den anderen der vor uns Laufenden. Selbst für die herrliche
Aussicht auf das im Tal liegende Jena hatte ich kaum noch einen Blick.
Bang stellte ich mir die Frage, wie lang das wohl anhielte. Drei
Kilometer vor dem Ziel merkte ich, dass die Beine schwer wurden. Ich
ließ meine Mitläufer ziehen, biss die Zähne zusammen. Zwei Kilometer vor
dem Ziel schmerzte das Knie, ich überlegte zu gehen. Doch da war das
Ziel. Die Uhr zeigte 2:25 – ich bin die 10 km bergab in 45 Minuten
gelaufen. Angekommen brauchte die Freude etwas, um über die Enttäuschung
der letzten zwei Kilometer zu kommen.
Fazit: ein toller Lauf für mich und der landschaftlich schönste Lauf,
den ich kenne. Allerdings nichts für Läufer, denen die eigene Zeit das
wichtigste ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen