11.11.07

Der Kreiscross

Den Kreiscross war zu meiner Schulzeit eine Institution. Doch vor dem Kreiscross stand damals der Schulcross. In meiner Schule, wo der Namensgeber des Rennsteiglaufes vor 200 Jahren als erster Sportlehrer wirkte, bestand der Schulcross aus zwei Runden von je zwei Kilometern übler Wald- und Wiesenwege mit erheblichen Höhenunterschieden. Alle Schüler wurden im Frühjahr und im Herbst über diese Mörderstrecken gejagt und die besten qualifizierten sich dafür, beim Kreiscross auf den welligen Wegen des Parks der Kreisstadt ihr Bestes zu geben. Ab und zu durfte ich dies auch tun und erzielte nach heutigem Sprachgebrauch „Achtungserfolge“ – ich wurde also wenigstens nicht Letzter. Zum Bezirkscross habe ich es nur als Kampfrichter geschafft.

Als mir vor wenigen Wochen die Ausschreibungen für die 1. Kreismeisterschaften Cross meines Heimatkreises in die Hände fielen, kamen oben beschriebene Erinnerungen wieder. Allerdings legte ich die Ausschreibung erst mal zur Seite – 7,2 km erschien mir eine unakzeptabel kurze und damit zu schnelle Strecke. Endorphingetränkt vom Schlaubetal änderte ich jedoch meine Meinung – schließlich musste ich immer wiederkehrende Gedanken an einen Untertagemarathon gezielt verdrängen.

Während auf dem Rennsteig das Schneechaos herrschte, regnete es am Morgen des Laufes. Mit Regen meine ich keinen leichten Niesel, sondern Niederschläge, die die volle Leistung des Scheibenwischers auf der Fahrt zum Startort erfordern. Wie ein Wunder hörte eine halbe Stunde vor dem Start der Regen auf. Ein kleines Häufchen Läufer hatte sich am Startschild am Waldrand versammelt. Es waren nicht die Läufer, die einen Jahrestrainingsplan akribisch verfolgen, um ihre Bestzeit um 30 Sekunden zu drücken. Auch die Wochenendjogger, die ab und an einen Volkslauf mitlaufen, fehlten. Hier waren die unverzagten Immerläufer, deren Namen man beim googeln in mindestens 378 Ergebnislisten findet. Bedingt durch die Einschränkung auf Bewohner des Kreises oder Mitglieder einer hiesigen Sportgemeinschaft kannte man jeden Starter mit Namen oder nach dem Gesicht oder mit beidem. Nach dem Lauf der 8 Frauen starteten die 20 Männer auf die wegen Unpassierbarkeit auf 6,7 km verkürzte Strecke.
Ich kannte die Gegend etwas von meinen längeren Läufen, doch heute war alles anders. Nach einem Stück Wiesenweg bog die Strecke scharf ab, eine vielleicht 20 % Steigung hinauf. Mehrfach drehten die Füße durch, denn der Regen hatte die oberste Schicht Erde in schmierseifenartigen Zustand versetzt. Nach einigen hundert Metern waren Puls und Läufer ganz oben und nach einer kurzen Wellenstrecke ging es ähnlich steil aber weniger schmierig wieder nach unten. Es folgte ein weiterer welliger Matschweg bis zum nächsten seifigen Abstieg. Hier hätte man eigentlich das Ziel errichten können, denn bis auf je einen Läufer, den ich überholte und von dem ich überholt wurde, änderte sich nichts mehr in der Reihenfolge. Doch bevor das Ziel kam, musste ein Feld im böigen Gegenwind und ein weiterer Anstieg überwunden werden und dann war erst die erste der drei Runden geschafft. In Runde zwei und drei konnte ich den Laufweg optimieren und feststellen, dass man am Ackerrand besser läuft als auf dem Weg. Die Anstiege dienten immer wieder als Test für die HF max. und damit es nicht langweilig wurde, setzte in der letzten Runde erneuter Regen ein.

Im Ziel war es dann richtig schön. Freundliche Helfer reichten jeden Läufer persönlich einen Becher warmen Tee. Sofort nach dem letzten Einlauf begann die Siegerehrung – nur ein einziger durfte nicht aufs Treppchen, da es immerhin in der AK 45 mehr als drei Starter gab. Ich hatte als dritter meiner Altersklasse und im Mittelfeld der Männer wie früher einen Achtungserfolg erzielt. Meine Zeit lag für 6,7 km und ca. 500 HM bei 39:25 min . Die Geschwindigkeit ist langsamer ist als mein Marathontempo, aber in dieser Relation liefen irgendwie alle.

Fazit: Der Kreiscross lebt und macht richtig Spaß!

(Bilder von der Website des Veranstalters http://www.lsvlokarnstadt.de)